Frankreichs Einsatz für sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie die Gesundheit von Müttern, Kindern und Jugendlichen

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert sexuelle Gesundheit als einen „Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität, [der]einen positiven und respektvollen Zugang zu Sexualität und sexuellen Beziehungen [voraussetzt], wie auch die Möglichkeit, genussvolle und risikoarme sexuelle Erfahrungen zu machen, frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt“. Für Frauen bedeutet reproduktive Gesundheit auch die Fähigkeit und die Freiheit zu entscheiden, ob und wann sie Kinder haben möchten.

Es handelt sich demnach um einen ganzheitlichen Ansatz, der eine positive Einstellung zu Sexualität fördert und sich nicht auf gesundheitliche Aspekte beschränkt.

Eine zentrale Dimension der Entwicklungspolitik

2016 veröffentlichte das Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten die erste Strategie für Frankreichs auswärtiges Handeln in Bezug auf Bevölkerungsfragen und Herausforderungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte für den Zeitraum 2016-2020 und unterstützte damit die Umsetzung der Aktionsagenda von Kairo (1994). In diesem Fahrplan wurde zum ersten Mal die Idee der „sexuellen und reproduktiven Gesundheit“ aufgegriffen und dazu aufgerufen, das Thema der Geschlechtergleichstellung in der Entwicklungspolitik zu berücksichtigen.

Seither hat Frankreich seinen Einsatz im Bereich der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit verstärkt, insbesondere über den französischen Muskoka-Fonds, die Programme der französischen Entwicklungsagentur (AFD) und in Ergänzung der europäischen Programme. Ziel ist es, auf die Bedürfnisse der Frauen und Kinder einzugehen und gleichzeitig die Staaten, in erster Linie in West- und Zentralafrika, bei ihrem demografischen Wandel zu begleiten. Frankreich tritt, insbesondere durch die Unterstützung des von den Nobelpreisträgern Nadia Murad und Dr. Mukwege geschaffenen Internationalen Fonds für Überlebende konfliktbedingter sexueller Gewalt, als treibende Kraft für ehrgeizige Standpunkte zu Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte auf der internationalen politischen Agenda ein.

Darüber hinaus wird Frankreich im Juni 2021 das Generation Equality Forum ausrichten, das einen entscheidenden Fortschritt für die Rechte von Frauen und Mädchen darstellen und die Umsetzung der Ziele der Agenda 2030 für eine gerechtere Gesellschaft beschleunigen wird. Zudem war es der Wunsch der Staatspräsidenten Emmanuel Macron Frankreich einen Platz an der Spitze des Aktionsbündnisses für sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit zu verschaffen. Dieser Zusammenschluss von Akteuren bietet die Möglichkeit, neue Räume des Multilateralismus zu schaffen und so Bündnisse zu stärken und ehrgeizigere Ziele in Bezug auf sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit zu stecken.

Der französische Muskoka-Fonds (FFM)

Derfranzösische Muskoka-Fonds (FFM) wurde beim G8-Gipfel im Juni 2010 in Muskoka (Kanada) ins Leben gerufen. Es handelt sich um einen innovativen Mechanismus, der vier Organisationen der Vereinten Nationen zusammenbringt: die Weltgesundheitsorganisation (WHO), den Bevölkerungsfonds (UNFPA), das Kinderhilfswerk (UNICEF) und UN Women. Sein Ziel ist es, die Gesundheit und das Wohlbefinden von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen in West- und Zentralafrika zu verbessern.

Seit 2011 hat er den Organisationen der Vereinten Nationen über 140 Mio. Euro zur Verfügung gestellt und kommt vor allem in den folgenden 9 Ländern in Subsahara-Afrika zum Tragen: Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Guinea, Mali, Niger, Senegal, Tschad und Togo.

Diese Länder, in denen insgesamt etwa 120 Millionen Menschen leben, stellen gemeinsam eine der am stärksten benachteiligten Regionen der Welt dar.
Was die Gesundheit betrifft, ist die Mütter- und Kindersterblichkeit in den Ländern, in denen der Fonds tätig ist, mit 31 500 Todesfällen von Müttern (537 Todesfälle pro 100 000 Lebendgeburten) und 649 922 Todesfällen von Neugeborenen und Kindern (zwischen 44 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten in Senegal und 119 pro 1000 Lebendgeburten in Tschad) im Jahr 2018 eine der höchsten weltweit (Quelle: WHO Data Repository).

Außerdem sind in diesen Ländern bestimmte schädliche Praktiken weiterhin weit verbreitet: So sind beispielsweise in Mali 86 % der Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren an ihren Genitalien verstümmelt und in Niger 76 % der Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet (Quelle: UNFPA, 2019).

Im Durchschnitt hat weniger als 1 von 5 Frauen in gebärfähigem Alter Zugang zu modernen Verhütungsmethoden (Quelle: UNFPA, 2020) und bei 108 von 1000 Schwangerschaften in der Region sind die Mütter Teenager (zwischen 15 und 19 Jahren), wenn sie ihr Kind bekommen (Quelle: UNFPA, 2020).

Durch die Mobilisierung der sich ergänzenden Fachkompetenzen der vier oben genannten Organisationen der Vereinten Nationen trägt der französische Muskoka-Fonds (FFM) zur Stärkung der Partnerschaften zwischen den Ländern der Region bei. Der FFM wird ebenfalls tätig, indem er die öffentliche Politik stärkt und verschiedene Fach- und Finanzpartner zusammenbringt. So unterstützt er die Regierungen bei ihren Investitionen zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Frauen, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen auf sämtlichen Ebenen (national, regional und international).

Der französische Muskoka-Fonds wurde bei der Sitzung des Interministeriellen Komitees für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung (CICID) im Februar 2018 als Instrument zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern, der hohen Priorität der Amtszeit des französischen Staatspräsidenten, anerkannt. Seine weitreichenden Maßnahmen, in die auch die Gemeinschaften und die Politik einbezogen werden, zielen darauf ab:

  • den Rückgang der Mortalität und Morbidität von Müttern und Kindern und den der Mangelernährung in den west- und zentralafrikanischen Ländern zu beschleunigen;
  • Fortschritte in Bezug auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte zu erzielen, insbesondere für junge Menschen und Jugendliche;
  • die Gleichstellung der Geschlechter und die Ermächtigung von Frauen und Mädchen zu fördern;
  • die Stärkung der Gesundheitssysteme der Länder zu unterstützen.

Seit seinem Einsatz in den Partnerländern hat der FFM dazu beigetragen: :

  • die Müttersterblichkeit zwischen 2000 und 2017 um 17 % zu senken;
  • die Säuglingssterblichkeit zwischen 2011 und 2019 um 22 % zu senken;
  • die Kinder- und Jugendsterblichkeit zwischen 2011 und 2019 um 32 % zu senken;
  • den Anteil medizinisch betreuter Geburten zwischen 2010 und 2016 um 11 % zu erhöhen;
  • über 16 000 Arbeitskräfte im Gesundheitswesen (ärztliches Fachpersonal, Pflegepersonal, Geburtshelfende, Gemeinde-Gesundheitshelfende) auszubilden und die Kapazitäten in diesem Bereich auszubauen.

Weitere Informationen über die Aktionen des französischen Muskoka-Fonds

TV-Serie C’est la Vie !: Edutainment im Dienste der Gesundheit

Seit 2017 unterstützt der französische Muskoka-Fonds die Entwicklung und Umsetzung des Projektes „C‘est la Vie!“ (CLV).

CLV ist eine Multimedia-Kampagne für sozialen Wandel und Veränderungen der Verhaltensmuster in Westafrika. Im Mittelpunkt der Kampagne befindet sich eine TV-Serie, die Bildung und Unterhaltung vereint („Edutainment“) und darauf abzielt, sicherere Verhaltensweisen entsprechend der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte zu fördern. Insbesondere propagiert sie Leadership, Teilhabe und Ermächtigung von jungen Menschen und ganz besonders von jungen Frauen. Das Projekt wurde in Dakar (Senegal) initiiert und wird auf Gemeinschaftsebene in den neun Einsatzländern des FFM umgesetzt.

Ganz konkret handelt es sich bei „C‘est la Vie!“ um:

  • eine TV-Serie (3 Staffeln), die in lokale Sprachen (Hausa, Wolof, Lingala, Fulfulde, Maninka) übersetzt wurde und in panafrikanischen privaten Sendern, nationalen Sendern und online ausgestrahlt wird;
  • eine Radioanpassung, um neue Zielgruppen zu erreichen (mit Übersetzungen in lokale Sprachen);
  • ein digitales Ökosystem: Homepage, soziale Netzwerke, Web-Serien, Teaser, Interviews, Making-offs und vieles mehr;
  • Lehrmaterial für pädagogische Aktivitäten innerhalb der Gemeinschaften (für Jugendliche und ihre Eltern): Mithilfe dieser Materialien soll die Wirkung der Serie in den Gemeinschaften verstärkt werden. Durch die Vermittlung positiver gesellschaftlicher Ein- und Vorstellungen soll die Verinnerlichung der Botschaften in Bezug auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte unterstützt werden.

Im Rahmen von thematischen Workshops werden Diskussionen angeregt, Kenntnisse mobilisiert und gesellschaftliche Vorstellungen sichtbar gemacht. Außerdem werden die Teilnehmenden dazu angeleitet, ihre Haltungen und Verhaltensweisen zu überdenken, und in ihrem Gefühl, eigenständige Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen zu können, bestärkt.

CLV konzentriert sich auf folgende Themenbereiche: Pubertät und Fortpflanzung, Verhütung und Familienplanung, Sexualität (Einvernehmen und Respekt), Kinderheirat, weibliche Genitalverstümmlung, Gesundheit und Menstruationshygiene, Stillen, Schwangerschaftsbetreuung, sexuelle Gewalt und Gewalt in der Partnerschaft.

Der gesamte afrikanische Subkontinent hat sich für die Serie stark gemacht, die seit 2016 in 39 nationalen Fernsehsendern in Subsahara-Afrika und TV5 Monde ausgestrahlt wird.

Stand: Februar 2021