Frankreich und Belgien

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Politische Beziehungen

Die Beziehungen zwischen Frankreich und Belgien sind aufgrund der geografischen Nähe, Geschichte und Kultur (40 % der Belgier sind französischsprachig), der starken Verflechtung ihrer Volkswirtschaften und der oftmals übereinstimmenden Standpunkte in europäischen, strategischen und afrikanischen Fragen, besonders eng, vertrauensvoll und konfliktfrei. Auch die grenzüberschreitende Dimension ist ein starker Bestandteil unserer Zusammenarbeit, was den Personenverkehr und die Mobilität, die Infrastrukturen (Schienenverkehr, Binnenschifffahrt usw.) und die Sicherheit angeht (siehe weiter unten).

Französische Präsenz

Französische Gemeinschaft in Belgien: 106.129 eingetragene Personen (Schätzung 2021)
Belgische Gemeinschaft in Frankreich: 139.962 Personen (Schätzung 2021)

Besuche

Auf Einladung ihrer Hoheiten, König Philippe und Königin Mathilde, statteten der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und seine Gattin am 19. und 20. November 2018 dem Königreich Belgien (Flandern und Wallonien) einen Staatsbesuch ab.

Aufgrund der geografischen Nähe zwischen unseren beiden Ländern werden die belgischen Premierminister in den ersten Wochen nach ihrer Ernennung meist im Élysée-Palast und beim französischen Premierminister empfangen. Anschließend erfolgen häufige Besuche.

Besonders am Rande europäischer Tagungen werden regelmäßig bilaterale Kontakte geknüpft. Zwischenstaatliche Tagungen, die sog. „Val Duchesse“-Treffen, initiiert in Reaktion auf die Terroranschläge auf beide Länder in den Jahren 2015 und 2016, finden seit Februar 2016 statt. Unter der Schirmherrschaft der Regierungschefs trugen diese Gipfeltreffen, die im Juni 2018, im November 2021 und im Mai 2023 wiederholt wurden, nunmehr in einem auf strategische und außenpolitische Fragen erweiterten Format, zur Stärkung der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und Terrorismusbekämpfung bei.

Botschafter/Botschafterin

Französischer Botschafter in Belgien: François Sénémaud
Belgischer Botschafter in Frankreich: François de Kerchove d’Exaerde

Wirtschaftsbeziehungen

Unsere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sind eng. Der Handel hat seit der Coronakrise wieder zugenommen (82,3 Mrd. € im Jahr 2021, d. h. +13,8 % gegenüber 2019), und Belgien ist heute unser viertwichtigster Handelspartner. Aufgrund der Importe von natürlichen Kohlenwasserstoffen besteht ein Handelsbilanzdefizit mit Belgien (2021: 8,2 Mrd. €). Dieses wird durch unseren Handelsbilanzüberschuss im Dienstleistungssektor (2021: 4,8 Mio. €) teilweise wettgemacht.

Bei den Investitionen ist Frankreich im belgischen Unternehmensumfeld sehr stark vertreten. Belgien ist das drittgrößte Zielland für ausländische Direktinvestitionen (ADI) Frankreichs (2021: 143 Mrd. €), vor dem Vereinigten Königreich. Die französischen Investitionen konzentrieren sich auf drei Sektoren: Dienstleistungen (Décathlon, Thalys, Orange), Energieerzeugung und -verteilung sowie Fertigungsindustrie. Laut INSEE sind 2.328 französische Tochtergesellschaften in Belgien tätig und erwirtschaften einen Umsatz von 85 Mrd. €. Belgien war 2021 der achtgrößte ausländische Investor in Frankreich mit einem Bestand an Investitionen in Höhe von 55 Mrd. €. Frankreich weist 2000 von belgischen Investoren kontrollierte Unternehmen auf, die nicht weniger als 130.000 Mitarbeiter beschäftigen. Dazu zählen unter anderem der Lebensmittelkonzern Delhaize, der IT-Dienstleister Econom und der Chemiekonzern Solvay.
Weiter gestärkt wird diese Zusammenarbeit durch die Lancierung des Unternehmens Rely, ein Joint-Venture des französischen Konzerns Technip Energies und des belgischen Unternehmens John Cockerill, das unter anderem durch integrierte Lösungen für grünen Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Branche beitragen soll.

Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Technik

Die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Belgien in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Technik ist aufgrund der geografischen Nähe besonders eng.
Die wesentlichen Zuständigkeiten in den Bereichen Bildung, Kultur, Sprache, Wissenschaft und Hochschulen wurden den (Sprach-) Gemeinschaften übertragen, was zu einer Anpassung der französisch-belgischen Zusammenarbeit durch Abkommen mit den Gemeinschaften führte (Abkommen jeweils zwischen Frankreich und der französischsprachigen bzw. flämischen und deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien im Jahr 1999 und 2000).

Die Förderung der Frankophonie und der französischen Sprache ist ein wichtiger Bereich unserer Zusammenarbeit, insbesondere in Flandern und der deutschsprachigen Gemeinschaft, auch „Ostbelgien“ genannt (pädagogische Maßnahmen und Ausbildung der Lehrer, Unterstützung im Hinblick auf eine Steigerung der Schülerzahlen des Lycée Français von Antwerpen und Einrichtung eines bilingualen Zweigs). Eine Absprache zwischen dem flämischen und dem französischen Bildungsministerium zur Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und Sprache wurde am 29. Mai 2017 im Lycée Français International d‘Anvers unterzeichnet. In Brüssel wird der Französischunterricht von der Alliance Française de Bruxelles Europe erteilt, wobei ein Schwerpunkt auf der Ausbildung von EU-Beamten und Diplomaten in der europäischen Hauptstadt, dem Sitz der EU-Kommission, liegt.

Seit 16. Dezember 2021 ist Flämisch im Amtsblatt des französischen Bildungsministeriums als Regionalsprache in Frankreich eingetragen und kann demnach auch unterrichtet werden.

Weitere Formen der Zusammenarbeit

Mit 620 km gemeinsamer Landesgrenze ist der grenzüberschreitende Austausch dicht. 38.000 französische Pendler überqueren täglich die Grenze, und 8.000 Belgier arbeiten in Frankreich. Die dezentrale Zusammenarbeit ist ebenfalls dynamisch. Zu den Europäischen Verbünden für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) zählen die Eurometropole Lille-Kortrijk-Tournai, der erste EVTZ in Europa, sowie der EVTZ Westflandern/Flandern-Dünkirchen-Opalküste.

Die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden stützt sich auf ein seit 2001 in Tournai (Belgien) untergebrachtes Kooperationszentrum, das besonders in der Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität, illegaler Einwanderung und Zollbetrug tätig ist.

Im Gesundheitswesen wurde ein grenzüberschreitender Zugang zu den Krankenhäusern der Region eingerichtet. Es existieren Kooperationsabkommen in der Gesundheitsversorgung und im medizinisch-sozialen Bereich (Patientenmobilität usw.).

Die Verbindung Seine-Schelde (Liaison Seine-Escaut) soll die Einzugsgebiete der Flüsse Seine und Schelde mit dem Rhein-Schelde-Delta und dem Rheineinzugsgebiet verbinden. Der Hauptabschnitt dieses Projekts besteht im Bau einer über 100 km langen Binnenwasserstraße Seine-Schelde (Canal Seine-Nord Europe, CSNE) auf französischem Gebiet. 2013 unterzeichneten die französischen, wallonischen und flämischen Verkehrsminister eine Verpflichtungserklärung zur Umsetzung der Binnenwasserstraße. Die Bauarbeiten sollen 2030 fertiggestellt werden, die Gesamtkosten werden auf 5,1 Mrd. € geschätzt.